Zobelei-Homepage

Zähler

Das Zobel'sche Netz

Familie Theologie Computer Freizeiten Wetter Info

Temperatur in Dohna: Stand: 05.Dec 14
Außen:  Ausgefallen °C -  Eiskalt  ( Uhr)
Innen:  Ausgefallen °C -  Eiskalt  ( Uhr)
ServerCPU:  29.38 °C -  Sehr warm  (17:53:46 Uhr)
 

 

Bitte wählen:

Überblick

Landesverband

Präsentation

Skripte

Arbeiten

Examen

Exegese

1. Einleitung

2. Der Textbestand

3. Die Textgliederung

4. Der Text im Makrotext

5. Diachrone Betrachtung

6. Einzelexegese

7. Auswertung

8. Literatur

Zurück Anfang Weiter

4. Der Text im Makrotext

4.1 Verfasserschaft

Der vorliegende Text entstammt dem Matthäusevangelium, einem Bericht über Jesu Handeln. Daher hat er zwei Ebenen der Verfasserschaft. Die eine Ebene ist die der Niederschrift. Die zweite Ebene, die Autorenschaft Jesu, werde ich weiter unten betrachten.

Allgemein wird davon ausgegangen, daß dieses Evangelium ein uns weiter unbekannter Matthäus zwischen 80 und 100 n.Chr. geschrieben hat. Bei den Synoptikern ist die Zwei-Quellen-Theorie zu beachten, nach der eine uns unbekannte Spruchquelle Q und das Markusevangelium den Verfassern Matthäus und Lukas als Vorlage gedient haben. Bei dieser Sicht gilt, daß im allgemeinen Texte, die in Matthäus und/oder Lukas sowie Markus erscheinen, von Markus beeinflußt sind. Andererseits gilt für Texte, die nicht im Markus vorkommen, aber in beiden anderen Evangelien zugleich erscheinen, daß sie aus Q stammen. Nur Texte, die in nur einem Evangelium erscheinen, gelten als Sondergut.

Nach dieser Definition entstammt der vorliegende Text im ersten Teil, Verse 27-28 als Sondergut dem Matthäus, der Rest dem Markus. Denn die Verse 29-32 werden sehr ähnlich in Markus 9,43-45 (-48) und Markus 10,11-12 wiederholt. Vers 32 erscheint auch in Lukas 16,18. Zu beachten gilt, daß die gemeinsamen Teile sich mit Markus im Matthäusevangelium doppeln: Verse 29-30 erscheinen in Matthäus 18,8-9, und 32 in Matthäus 19,9. Beobachtet man den Kontext, stellt man fest, daß Markus 9 eher Matthäus 18 ähnelt als dem zu prüfenden Text aus Matthäus 5. Denn sowohl in Markus 9 als auch in Matthäus 18 wird vorher die Frage nach dem Ersten im Reich Gottes aufgeworfen. Jesus holt dann ein Kind und klärt an diesem die Frage. Markus sprengt hier eine Zwischenfrage eines Jüngers ein, setzt aber nach deren Beantwortung wie Matthäus mit der Warnung fort, dieses Kind nicht zum Abfall vom Glauben zu verführen. Daran schließen sich die gesuchten Verse an.

Auch Markus 10,11-12 ähnelt vom Kontext eher Matthäus 19,9, da hier in beiden Evangelien das Scheidungsverbot und das Wiederverheiratungsverbot aus dem Schöpfungsgebot begründet werden. Der Handlungsablauf ist sehr identisch, im Gegensatz zu Matthäus 5,31 stellen die Zuhörer die Frage nach dem Scheidebrief, und Jesus geht auch genauer auf die Frage ein.

Allerdings paßt Lukas 16 vom Kontext her nicht in diesen Zusammenhang. Er bringt den Vers bei der Reise Jesu nach Jerusalem als Lehrunterweisung unterwegs, zwischen zwei Gleichnissen unter. Er integriert sie nicht in die Feldrede, die der Bergpredigt vergleichbar wäre. So hat der Vers 18 keine direkte inhaltliche Verbindung zu dem Kontext, wie es auch für den Textblock Matthäus 5, 27-31 gilt. Allerdings sind einzelne Verse in beiden Kontexten sehr ähnlich , so daß diese doch eine gewisse Ähnlichkeit aufzeigen, zumindest weitaus mehr als zu Matthäus 19.

Wenn Matthäus also diese Verse von Markus übernommen hat, so hat er sie später we-sentlich genauer nach der Vorlage erneut verarbeitet. Dementsprechend kann der Text entweder eine Dublette sein, oder aber Sondergut von Matthäus. Da Lukas den letzten Vers aber im Kontext ähnlich doppelt, kann dieser auch Q entstammen. Das heißt, daß nicht nur Markus die einzige Überlieferung war, sondern dieser Text weit verbreitet zu sein scheint.

Da dieser Text sehr weit in den Überlieferungen von Jesus verbreitet war, kann man davon ausgehen, daß Jesus diese Sätze sehr eindrücklich gesagt haben wird. Wenn er sie als aramäisch sprechender Jude vielleicht auch wörtlich nicht so gesagt hat, sie werden die Leute beschäftigt haben. Und sie werden uns entsprechend genau überliefert sein.

Eine Frage bleibt offen, ob der Einschub bei Vers 32, die Unzuchtsklausel, die nur bei Matthäus überliefert ist, von Jesus stammt oder eine Erweiterung von Matthäus darstellt. Diese Frage ist in allen Richtungen ausgiebig diskutiert worden. Denn obwohl eigentlich die Regel gilt, daß der kompliziertere Text bei einer Überlieferung der Ursprünglichere ist, wird hier oft von einem kürzeren Logion ausgegangen. Sowohl Markus als auch Lukas bieten diese Variante nicht, und so liegt es nahe, hier eine Bearbeitung durch Matthäus zu sehen. Allerdings gibt die Textkritik dazu keinen Anlaß. Diese Schriftstelle ist durchgängig so überliefert. Ein weiteres Argument liegt in dem Stil, mit dem Matthäus auf die Gebote eingeht. Hier entschärft diese Klausel die Regel. Dabei ist Matthäus eher der Evangelist, der eine Tendenz zur Thoraverschärfung aufweist. Warum sollte er gerade an dieser Stelle die Regel lockern, die doch eher die steilen Aussagen von Jesus aufhebt als bekräftigt? Aber wir können uns vor Augen halten, daß Matthäus sein Evangelium für die Juden geschrieben hat. Die Heiden waren an einer genauen Überlieferung der Regeln nicht so interessiert wie die Juden. Für die Juden stand bei dieser Frage die ganze Diskussion der Rabbiner um die Scheidungspraxis im Hinterkopf. Auf sie wird Jesus wahrscheinlich angespielt haben. So hat auch diese Erweiterung ihren Sinn. Sie kann also von Jesus direkt stammen, ausschließen kann man den Ursprung bei Jesus zumindest nicht.

Zusätze von Matthäus sind kaum auszumachen. Einzig die Formulierung in Vers 31 ist eine freie Übertragung von Deuterononium 24,1 nach Markus 10, 2-9, weiterhin kann das o;vs eva.n einen Eingriff von Matthäus in den überlieferten Text darstellen.

Im ersten Teil dieses Textes gilt es, eine Steigerung zu beachten: Das "Begehren der Frau ist Sünde" aus Matthäus 5,27-28 wird nur von Matthäus überliefert und ist damit nicht so fundamental überliefert, wie der Rest. Trotzdem wird dieser Text Jesus aus inhaltlichen Überlegungen zugeschrieben.

Verse 29 bis 30 sind nicht so breit wie 31 und 32 überliefert, und nur bei Matthäus in diesem Zusammenhang des Begehrens. Daher schließt sich auch hier eine breite Diskussion an, ob der Text in diesen Zusammenhang gehört. Immerhin paßt das Auge sehr gut, die Hand aber nicht so direkt. Diese Verse scheinen Lukas in dieser Form "unsympathisch radikal" gewesen zu sein, und daher könnte er es weggelassen haben.

Übrig bleibt noch zu bemerken, daß das Scheidungsverbot einen besonderen Schwerpunkt in den Synoptikern genießt. Keiner läßt dieses Gebot fallen.

4.2 Kontext

Matthäus hat diese Verse in eine größere Texteinheit, die Bergpredigt, gestellt. Sie wird in Matthäus 5,1 und 2 mit einer Reiseerzählung eingeleitet. Jesus stieg auf einen Berg und lehrte. Dies ist bezeichnend für den Einstieg in diese Rede. Von oben herab entfaltet er auf die Leute seine Lehre. Bei dem Berg schwingen mehrere Aspekte mit. Einerseits hat ein erhöhter Redepunkt eine bessere Akkustik, und die Zuhörer können ihn besser sehen. Andererseits ist der Berg auch ein besonderer Ort der Gottesbegegnung . Er sah die Volksmengen, die seine Lehre hören wollten. Er rief seine Jünger um sich und begann.

So eröffnet diese Rede bei Matthäus die Lehrtätigkeit von Jesus. Zwar ist schon vorher erwähnt, daß er predigte, aber hier wird mit einem erneuten globalen Ansatz gestartet. Dieser Bergpredigt kommt auch eine ganz zentrale Stellung bei Matthäus zu. Jesus greift das alte Testament auf, er verstärkt es und bekräftigt es. Dabei kristallisiert Matthäus seine Mitte des alten Testamentes hervor: Die Liebe. Es ist die erste und die letzte Antithese, die diese For-derungen bekräftigen. Sie stehen absolut über allem. Aber nicht nur die Liebe ist wichtig, sondern auch das, was der Mensch aus Liebe tut. Er hat von Gott Gebote und Gesetze bekommen, deren Autorität Jesus nicht aufhebt. Denn der Mensch weiß nicht von sich aus, was er zu tun hat. Darum schließen sich hier die Gebote an, darum auch die Seligpreisungen, und darum auch das Vaterunser. Diese Gebote, aufgebaut als erweiterte Antithesen, zeigen exemplarisch solche Verhaltensmuster. Sie zeigen die Art, wie Gott Gehorsam verlangt, und sie zeigen auch, wie radikal Gott dabei ist (Matthäus 5,19 und Matthäus 5,48). Es reicht nicht, einzelne Gesetze zu erfüllen. Der Grundgedanke des Gesetzes muß befolgt werden, der Kern der Gebote Gottes muß verstanden werden. Darum werden die Thesen des alten Gesetzes durch die Antithese nicht nur ausgelegt, sondern verschärft. Jesus zeigt, kein Mensch ist in der Lage, das Gesetz zu halten.

Diese längere Rede, die aus vielen Einzelstücken besteht, bettet auch unsere Verse. Vom Kontext in Matthäus 5-7 kommt diesen Versen kein besonderer Schwerpunkt zu. Sie sind eingebettet zwischen Seligpreisungen und dem Vaterunser, in einer längeren Reihe von "Ihr habt gehört, ... . Ich aber sage Euch, ..."-Texten, den sogenannten Antithesen. Allerdings hat der Kontext keinen direkten Schwerpunkt, auf den er zusteuert. Er ist eher eine Aneinanderreihung von Geboten, die zu verschiedenen Bereichen des Lebens gehören, und die das Ringen um die Liebe verdeutlichen. Wie wenig Stellenwert unseren Versen in diesem Kontext zukommt, zeigt auch, wie kurz die Einleitung gefaßt ist. Im Gegensatz zu Versen 21 und 33 sind die Alten weggelassen, denen dort die These gesagt wurde. Sie gaben den Versen 21 und 33 noch einen besonderen ehrwürdigen Anstrich, der hier fehlt. Es kann ja jedem gesagt worden sein, auch wenn den Zuhörern klar war, daß es sich nicht um irgendein Wort handelte. Sie wußten, daß hier die Thora zitiert wurde.

Beendet wird die Rede erst in Matthäus 8,1, wo Jesus vom Berg herabsteigt. Er bekommt Respekt von den Volksmassen. Sie unterscheiden ihn von den Schriftgelehrten, von denen sie sich wohl nicht viel erwarteten, so Matthäus. Denn er baute keinen Wall um das Gesetz, sondern er fragte nach Kern, nach dem Inhalt.


 © 2001 Dirk Zobel. Alle Rechte reserviert.

Zurück Anfang Weiter